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Forstschutz durch Windenergie

Warum der Wald keine Tabuzone sein darf

Update Januar 2023:
Kalamitätsflächen (Wald-Ausfallflächen durch Sturm oder Baumkrankheiten) und Nadelwälder stehen nun landesplanerisch regelmäßig für die Windenergienutzung zur Verfügung. Das gilt unter anderem nicht in waldarmen Gemeinden, auf Naturschutz-Flächen sowie in Laub- und Laubmischwald. Mehr info hierzu auf der Seite des Energieministeriums hier.

Warum im Wald?

Durch die dichte Besiedlung in NRW steht wenig Fläche für Erneuerbare Energien zur Verfügung. Bei Windkraft kommt die Abstandsregelung hinzu, die von CDU und FDP im Landtag 2021 beschlossen wurde und einen Mindestabstand von 1000m zur Wohnbebauung vorschreibt. Die Nutzung zerstörter Waldflächen für Windkraftanlagen ist somit eine Möglichkeit, auf lokaler Ebene einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. In ganz NRW gibt es bisher (Stand 31.12.2021) 102 WEA im Wald. 400 WEA-Planungsverfahren hängen in der Genehmigungsphase fest. In Südwestfalen sind das auf 1/5 der Landesfläche mit 328 Anträgen ca. 84% der Verfahren.

Totflächen in Wäldern sollten sinnvoll für den Klimaschutz genutzt werden. ©Enser Versicherungskontor GmbH

Warum Windkraft?

Sicherlich ist ein gesunder Energiemix sinnvoll. Allerdings zeigt der direkte Vergleich, warum Windkraft so einen effizienten Beitrag zum Klimaschutz leistet: Eine durchschnittliche Windkraftanlage beansprucht 0,46 Hektar (ha; 1ha = 100 x 100m) Fläche bei einer Leistung von 6 Megawatt (MW). Zum besseren Vergleich bedeutet das hoch gerechnet auf 1 ha 50 Millionen Kilowattstunden (kWh). Damit können 14.300 Haushalte versorgt werden. Eine Photovoltaik-Anlage (PV) versorgt bei 1ha Nutzfläche ungefähr 180 Haushalte.

Direkter Vergleich von Windenergie und Photovoltaik (PV) anhand der Anzahl versorgter Haushalte bezogen auf 1 Hektar Fläche 
 
©IG2e

Wald als CO2-Schleuder?

Derzeit sind laut Waldzustandsbericht 2021 von Wald und Holz NRW in unserem Bundesland ca. 115.000 ha Wald abgestorben. Aktuelle Studien belegen, dass der Forst durch Schädlingsbefall zur CO2-Schleuder wird. Schuld daran ist unter anderem der Kot der Tiere. So hat die Göttinger Forschergruppe ENVIRUS (Environment Under Stress) herausgefunden, dass bei massivem Schmetterlingsraupenbefall pro Hektar 700 bis 900 Kilogramm Raupenkot anfallen, der dann die Funktion des Waldes umkehrt. Das bedeutet 34,5 Millionen Tonnen CO2, die zusätzlich durch Schadflächen von Borkenkäfer und Co. in die Atmosphäre gelangen, anstatt CO2 zu binden. Auf der anderen Seite spart eine 3 MW WEA- Anlage mit 135m Höhe 10.000 Tonnen CO2 ein und produziert gleichzeitig 14,5 Millionen kWh Strom, neuere Anlagen sogar 25 Millionen kWh.

Für den Wald in NRW bedeutet das konkret: Er speichert 605 Millionen Tonnen CO2, ABER: jeder Hektar Borkenkäferwald entlässt 300 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. An dieser Stelle wird klar, warum es so wichtig ist, diese Schadflächen sinnvoll zu nutzen und den Klimawandel zu stoppen. Dieser begünstigt durch veränderte Temperaturen die Ausbreitung der Schädlinge.

Vom Windrad aus sind die Totholzflächen gut zu sehen  ©Enser Versicherungskontor GmbH

Ist Wald gleich Wald?

Vor der Planung von Windkraftanlagen im Forst müssen immer alle Alternativen geprüft werden. Wertvolle Waldgebiete wurden und werden nicht genutzt. So sind strukturreiche Laubwälder mit hoher Biotopwertigkeit (Landesamt für Umwelt und Naturschutz), Wildnis-Entwicklungsgebiete, Naturwaldzellen, Saatgutbestände, forstliche Versuchsflächen und historische Waldnutzungsformen rechtlich ausgeschlossen.

In Frage kommen ausschließlich ohnehin schon strukturarme Nadelwaldbestände, sowie Waldflächen, die jeweils aktuell aufgrund von abiotischen oder biotischen Faktoren wie Sturm, Eisabwurf, Eisbruch oder Insektenfraß ohne Baumbestand sind. Die Forstbehörde ist immer und von Beginn an bei Windkraft-Projekten im Wald beteiligt, Gesetze zur Erhaltung des Waldes haben oberste Priorität. Des Weiteren müssen das Immissionsschutzgesetz und der Landesentwicklungsplan berücksichtigt werden.

Windräder auf Totholzflächen leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz  ©Enser Versicherungskontor GmbH

Wald wird wieder wertvoller

Zusätzlich zu diesen Voraussetzungen müssen zum Ausgleich immer Kompensationsflächen geschaffen werden. Dies ist beispielsweise bei waldarmen Gebieten (Waldanteil < 20%) eine Ersatzaufforstung von mindestens 1:2 zur genutzten Fläche, die zukünftig für klimaresistentere Waldgebiete sorgt. Auf Tierpopulationen im Wald hat der Bau von Windkraftanlagen kaum Einfluss, wie eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover unter Dipl. Biol. Claudia Menzel zeigt. Für Hase, Fuchs, Rebhuhn und Rabenkrähe wurde eine flächendeckende Nutzung – auch des Nahbereiches der WEA – nachgewiesen, bestimmte Gebiete wurden nicht gemieden. Nur der Aufbau der Anlage gilt als sichere Störungszeit. Danach gewöhnte sich das Wild an die Anlage.

Windräder als Tourismusbremse?

Mehrere Studien untersuchten die Korrelation zwischen Übernachtungszahlen beziehungsweise Gästeankünften und Windenergieanlagen anhand der Landesstatistiken ausgewählter, touristisch bedeutender Bundesländer. Die Daten zu Gästeankünften und Übernachtungszahlen wurden der Entwicklung der absoluten Anzahl von Onshore-Windenergieanlagen gegenübergestellt. So waren beispielsweise Ende 2002 in Mecklenburg-Vorpommern 931 Windenergieanlagen errichtet, was eine Verdopplung der Anzahl seit 1998 bedeutet. Gleichzeitig ist die Anzahl der Gästeankünfte um 43% sowie die Anzahl der Übernachtungen um 58% gestiegen und somit die Sorge um Tourismuseinbußen widerlegt. Gleiche Ergebnisse gibt es auch für Niedersachen und Schleswig-Holstein.

Windenergie im Wald – ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz

65.800 ha Schadflächen allein im Regierungsbezirk Arnsberg – das ist die bittere Bilanz des Waldzustandsberichts 2021. Die IG2e zieht eine positive Bilanz dazu, dass diese geschädigten Gebiete für den Ausbau von Windkraft nutzbar werden und dazu beitragen den Klimawandel noch rechtzeitig zu stoppen. In Deutschland wurden und werden keine Windkraftanlagen in ökologisch wertvollen Gebieten gebaut. Die in Frage kommenden Flächen sind klimabedingt durch Schädlinge und Sturmereignisse zerstört und werden dadurch zur CO2- Schleuder. 

Quellen:

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zur Windkraft im Wald

Waldzustandsbericht Wald und Forst NRW 2021

Wald und Holz NRW TV – Interview Marc Messerschmidt

Studie: Raumnutzung ausgewählter einheimischer Niederwildarten im Bereich von Windkraftanlagen

Windkraft und Tourismus